Artikel 70
Sanktionen bei Verstößen
(1) Unbeschadet der Aufsichtsbefugnisse, der Ermittlungsbefugnissen und der Befugnisse zur Festlegung von Abhilfemaßnahmen der zuständigen Behörden gemäß Artikel 69 und des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen vorzusehen und zu verhängen, legen die Mitgliedstaaten Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen fest, die bei allen Verstößen gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften anwendbar sind, sorgen dafür, dass ihre zuständigen Behörden derartige verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen verhängen können, und ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um deren Umsetzung sicherzustellen. Diese Sanktionen und Maßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und auch für Verstöße gelten, die nicht ausdrücklich in den Absätzen 3, 4 und 5 genannt sind.
Die Mitgliedstaaten können entscheiden, für Verstöße, die nach nationalem Recht strafrechtlich verfolgt werden, keine Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen festzulegen. In diesem Fall unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission über die einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften.
Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die ESMA bis zum 3. Juli 2016 über die Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, mit denen dieser Artikel umgesetzt wird, einschließlich der einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften. Sie teilen der Kommission und der ESMA unverzüglich jede spätere Änderung dieser Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften mit.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass, wenn Verpflichtungen für Wertpapierfirmen, Marktbetreiber, Datenbereitstellungsdienste, Kreditinstitute (in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten oder damit verbundenen Dienstleistungen) sowie Niederlassungen von Drittlandfirmen gelten, im Falle eines Verstoßes Sanktionen und Maßnahmen vorbehaltlich der im nationalen Recht festgelegten Bedingungen für nicht durch diese Richtlinie harmonisierte Bereiche gegen die Mitglieder des Leitungsorgans der Wertpapierfirmen und Marktbetreiber sowie gegen jede andere natürliche oder juristische Person verhängt werden können, die nach nationalem Recht für den Verstoß verantwortlich ist.
(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass zumindest ein Verstoß gegen die folgenden Bestimmungen dieser Richtlinie oder der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 als Verstoß gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gilt:
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a) |
im Hinblick auf diese Richtlinie
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b) |
im Hinblick auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014:
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(4) Die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder die Ausübung von Anlagetätigkeiten ohne die erforderliche Zulassung oder Genehmigung gemäß den folgenden Bestimmungen dieser Richtlinie oder der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gilt ebenfalls als Verstoß gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 600/2014:
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a) |
Artikel 5 oder Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 34, 35, 39, 44 oder 59 dieser Richtlinie oder |
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b) |
Artikel 7 Absatz 1 Satz 3 oder Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014. |
(5) Die Missachtung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit oder zur Befolgung von Anweisungen im Rahmen einer Ermittlung oder Untersuchung oder einer Aufforderung gemäß Artikel 69 gilt ebenfalls als Verstoß gegen diese Richtlinie.
(6) Die Mitgliedstaaten sehen im Falle der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Verstöße im Einklang mit nationalem Recht vor, dass die zuständigen Behörden die Befugnis haben, die folgenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen oder Maßnahmen zu erlassen:
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a) |
öffentliche Bekanntgabe der natürlichen oder juristischen Person und der Art des Verstoßes gemäß Artikel 71, |
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b) |
Anordnung, wonach die natürliche oder juristische Person die Verhaltensweise einzustellen und von einer Wiederholung abzusehen hat, |
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c) |
im Falle einer Wertpapierfirma, eines zum Betrieb eines MTF oder eines OTF zugelassenen Marktbetreibers, eines geregelten Marktes, eines APA, eines CTP und eines ARM Entzug oder Aussetzung der Zulassung des Instituts gemäß Artikel 8, 43 und 65, |
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d) |
vorübergehendes oder — bei wiederholten schweren Verstößen — permanentes Verbot für das verantwortliche Mitglied des Leitungsorgans der Wertpapierfirma oder eine andere verantwortliche natürliche Person, in Wertpapierfirmen Leitungsaufgaben wahrzunehmen, |
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e) |
vorübergehendes Verbot für die Wertpapierfirmen, die Mitglied oder Teilnehmer geregelter Märkte oder MTF sind, oder für alle Kunden eines OTF, |
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f) |
im Falle einer juristischen Person maximale Geldbußen von mindestens 5 000 000 EUR oder bei Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, in Höhe des entsprechenden Gegenwerts in der Landeswährung zum 2. Juli 2014 oder bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person, der im letzten verfügbaren vom Leitungsorgan gebilligten Abschluss ausgewiesen ist; handelt es sich bei der juristischen Person um ein Mutterunternehmen oder ein Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das einen konsolidierten Abschluss nach der Richtlinie 2013/34/EU aufzustellen hat, bezeichnet „jährlicher Gesamtumsatz“ den jährlichen Gesamtumsatz oder die entsprechende Einkunftsart gemäß den einschlägigen Gesetzgebungsakten zur Rechnungslegung, der bzw. die im letzten verfügbaren konsolidierten Abschluss ausgewiesen ist, der vom Leitungsorgan des Mutterunternehmens an der Spitze gebilligt wurde, |
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g) |
im Falle einer natürlichen Person maximale Geldbußen von mindestens 5 000 000 EUR bzw. in den Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, in Höhe des entsprechenden Gegenwerts in der Landeswährung zum 2. Juli 2014, |
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h) |
maximale Geldbußen in mindestens zweifacher Höhe des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt, auch wenn dieser Betrag über die unter den Buchstaben f und g genannten Maximalbeträge hinausgeht. |
(7) Die Mitgliedstaaten können die zuständigen Behörden ermächtigen, zusätzlich zu den in Absatz 6 genannten Sanktionen weitere Arten von Sanktionen oder solche Geldbußen zu verhängen, die die in Absatz 6 Buchstaben f, g und h genannten Beträge übersteigen.